Meine erste Workation
Meine erste Workation
Im November 2021 habe ich das erste Mal zwei Wochen vom Ausland aus gearbeitet und auf diese Weise versucht meine Comfort Zone zu verlassen. Lies selbst, ob es mir gelungen ist und welche Erfahrungen ich dabei gesammelt habe.
Die Idee
Die Coronapandemie hat einige Veränderungen in der Arbeitswelt mit sich gebracht – ob man will oder nicht. Ein bekanntes Beispiel ist der neue Umgang mit Homeoffice. Vorher hatte ich nie das Bedürfnis im Homeoffice zu arbeiten, doch mit der Homeoffice-Pflicht blieb mir keine andere Wahl. Und ich habe es gehasst. Wenn man alleine wohnt und dazu noch im Homeoffice sitzt, ist es gut mal vorgekommen, dass ich am Nachmittag um 16 Uhr mal laut zu mir selbst «Hallo» sagen musste, um zu schauen ob meine Stimme noch funktioniert. Hat zum Glück immer funktioniert :D Was auch funktioniert hat, war die Arbeitsweise, die Technik und die Kommunikation im Team. Da ist mir der Gedanke gekommen, dass es eigentlich keine Rolle spielt, von wo aus man Homeoffice macht – ob zuhause oder auf der anderen Seite der Welt. Diesen Gedanken habe ich mit dem Team geteilt und gefragt, ob ich mal 2 Wochen nach Puerto Rico ins Homeoffice darf. Ohne zu zögern hat das ganze Team mich bei meinem Vorgehen unterstützt. Und für mich war es auch einfach mal an der Zeit meine Comfort Zone zu verlassen.
Die Location
Ja, Puerto Rico war die Idee – St. Petersburg, Florida ist es geworden (aus Internetverbindungs-Gründen). Und dies auch nur mit ganz ganz viel Glück. Denn die Einreise in die USA war während der Corona-Zeit gesperrt (Puerto Rico übrigens auch, da es ein Aussengebiet der USA ist). Aber warum diese Locations? Einer der besten Freunde meines Vaters lebt in Florida und hat ein Haus in Puerto Rico (wo sie leider kein WLAN haben). Mein Plan war, ihn zu besuchen, von dort aus zu arbeiten und anschliessend einen zweiwöchigen Roadtrip nach Texas zu machen. Er fand die Idee ebenfalls super toll und freute sich schon fast mehr darauf, als ich selbst. Wöchentlich habe ich etliche Websites durchstöbert, ob die Grenze bald geöffnet wird und tatsächlich: ein Tweet verrät, dass anfangs November die Einreise wieder möglich sein wird. Spekulationen Jessi! Spekulationen! Aber no risk no fun – also habe ich auf ein Datum anfangs November spekuliert und kurzerhand einen spotgünstigen Flug gebucht. Ein bisschen Pech gibt’s immer (solange es vor der Reise ist, ist alles okay), denn das offizielle Einreisedatum war nun doch 3 Tage später -.- Ich konnte den Flug aber umbuchen und habe mich schon bald auf den Weg gemacht. Das erste Mal alleine fliegen – und ja, ich hab’ ziemlich Angst vor dem Fliegen. Learning Nummer eins: Alleine Fliegen ist super! Die Gründe erzähle ich dir gerne mal persönlich, wenn es dich wirklich Wunder nimmt.
Das Arbeiten
Am Flughafen in Tampa wurde ich von Eric, seiner Partnerin Linda und ihrem Hund Louie herzlichst empfangen. Es war November und das Wetter beinahe tropisch - kleine Flüsse, viele Palmen und einige USA-Flaggen zierten den Weg vom Flughafen nach St. Petersburg. Bei ihnen zuhause habe ich eine Hausführung bekommen und das WLAN-Passwort, denn in wenigen Stunden muss ich bereits wieder arbeiten. So startete ich um 7 Uhr, das war 13 Uhr nach Schweizer Zeit. Mein Team hat also bereits einen halben Tag Arbeit hinter sich, was für mich super war denn so war mein Postfach voll und ich konnte mich gleich an die Arbeit machen. Wir hatten zwei Teammeetings in der Woche gemacht sowie unterschiedliche projektbezogene Zooms. Das Team habe ich somit etwa gleich oft gesehen, wie während der Homeoffice-Pflicht. Die Kommunikation verlief bestens – bis zum Punkt als in der Schweiz der Feierabend war und ich noch einige Stunden Arbeit vor mir habe. An einigen Tagen war das natürlich kein Problem und ich konnte vertieft an meinen Aufgaben weiterarbeiten. Aber sobald ich Fragen hatte oder Feedbacks brauchte, konnte ich mich an niemanden mehr wenden. Learning Nummer zwei: es ist gut, wenn man einige Projekte während dieser Zeit leitet, damit man selbstständig weiterarbeiten kann.
Cooler als gedacht?
Wow, ich bin einfach in Florida! Aber ich muss meinem 100%-Pensum gerecht werden. Leider geht die Sonne auch in Florida im November um 17 Uhr unter. Was habe ich eigentlich davon? Nachdem ich den Jetlag überwunden habe, wurde mir dies erst viel bewusster. Wenn man von Workations von anderen Leuten hört, klingt alles immer so aufregend. Sie entdecken neue Sachen, erleben viele Abenteuer und lernen inspirierende Menschen kennen. Aber ich sass im Wohnzimmer, arbeitete als es hell wurde, habe mein Mittag am hauseigenen Steg genossen und arbeitete als es dunkel wurde. Erst danach hatte ich Feierabend. Natürlich: Ich hatte super tolle Gespräche mit Eric, Linda, Jamie (Freund und Nachbar, der jeden Tag gekommen ist, das Badezimmer zu renovieren), dem Postboten und auch mit den Haustieren, auch wenn sie nur mit einem Miauen antworteten. Einige Male überlegte ich, ob ich vielleicht in einem Café arbeiten soll – aber für einen weiteren Schritt aus der Comfort Zone, war ich nicht bereit. Zudem wusste ich, dass ich die nächsten zwei Wochen schon genug alleine unterwegs sein werde. Also genoss ich lieber die Zeit mit diesen lieben Menschen. Und das war schlussendlich auch die richtige Entscheidung, denn so hatte ich eine noch viel intensivere Zeit mit meiner neuen «Florida-Family»! Wir haben so viel zusammen erlebt: Ich war mit Eric und Linda Bier degustieren, an Trivia Quizes, auswärts Abendessen und habe sie zuhause bekocht. Gemeinsam mit Jamies Familie und weiteren Freunden habe ich mein erstes Thanksgiving gefeiert. Ich habe immer wieder versucht, das Vertrauen von Katze Tikkal zu bekommen oder wir sind unserer Lieblingsbeschäftigung nachgegangen: Ted Lasso bing-watchen. Einige Male habe ich früher Feierabend gemacht und am Strand den Sonnenuntergang genossen, mit ihrem SUV die Stadt entdeckt, bin nach Tampa gefahren und das Monday Night Game der Buccaneers (Tom Bradys Team) gesehen. Am Weekend reichte es auch für einen Roadtrip durch die Everglades nach Miami und dort habe ich an einem College Football Game neue, deutsche Freunde gewonnen. Learning Nummer drei: Vergleiche dich nicht mit Anderen. Ich habe genauso viele Sachen entdeckt, Abenteuer erlebt und inspirierende Leute kennengelernt. Auch wenn meine zwei Wochen bestimmt etwas anders waren, als die eines Digital Nomads.
Fazit
Ich könnte noch so viel mehr über die zwei Wochen in St. Petersburg schreiben: Zum Beispiel wie der Postbote Samba tanzte, ich Tikkal unglaubliche 7x nacheinander streicheln konnte, ich eine riesige Machete im Auto entdeckt habe und wie seltsam das Essverhalten der Amerikanern ist… Es sprudelt nur so an Erinnerungen und Erfahrungen. Ich empfehle allen, so eine Erfahrung selbst zu machen und sich aus der Comfort Zone zu trauen. Ich habe so viel über mich selbst gelernt, da scheint die Arbeit beinahe Nebensache gewesen zu sein.
Meine Tipps für Workation/Solo-Travel
Mach vor- oder nachher noch richtig Ferien.
Netzwerkadapter und Powerbank sind super wichtig – und immer schön laden.
Nur reduziert arbeiten, z. B. 50% damit du noch mehr vom Land hast.
Erklär deiner Mutter Snapchat und aktiviere das Geotagging, damit sie sehen kann, wo du bist und sie so beruhigt weiterleben kann.
Kläre vorher deine Allergien ab und nimm genügend Medis mit (ich konnte sogar mit den Katzen kuscheln – worst night ever)
Reise bei Tag an neue Orte– abends sieht im Dunkeln alles ziemlich unheimlich aus, was nicht die beste Voraussetzung für eine gute Nacht ist
Rating (1 = Horror, ich will wieder nach Hause / 5 = love it!)
Unterkunft: 4
Co-Work: -
Ort / Stadt: 4
Fun / Aktivitäten: 4
Essen / Trinken: 4
Kosten: 4
Overall-Erfahrung: 4
Schau dir doch noch das Recap-Reel an ;)