Ein Zahnrad, dass sich in 400 Jahren einmal dreht
Mario Scarpatetti hat sich als Uhrmacher mit eigener Uhrenkonstruktion und -restauration in die Selbständigkeit gewagt. Er realisierte ein Uhrwerk mit säkularem ewigem Kalender und machte damit eine für den Nischenmarkt bedeutende Erfindung. Nun ist er für den Founders Award 2022 nominiert.
von Rosanna Furrer
In einem bescheidenen Haus im bündnerischen Parsonz steht die liebevoll eingerichtete Uhrenwerkstatt von Mario Scarpatetti. Er führt mich herum, zeigt mir die Räumlichkeiten, in denen allesamt nicht nur eine Uhr tickt. «Jede Uhr hier hat ihre ganz eigene Geschichte», schwärmt Mario.
Auf den ersten Blick fallen die grossen, alt wirkenden Maschinen auf, die sich der junge Rhabilleur über mehrere Jahre aus der ganzen Schweiz angeschafft hat. Nebst den massiven Präzisionsgeräten wie Lehrenbohrwerk, Fräsmaschinen und Drehbänken sowie kleineren Arbeitsinstrumenten wie Wasserdruck-messgerät und Ultraschallbad, braucht Mario viel Fingerfertigkeit in seinem Beruf. Mit auffallendem Geschick zeigt er mir, wie viele Teile und Kleinstteile in einem Uhreninnenleben stecken.
Fernab von digitalen Ablenkungen steckt in dieser Manufaktur viel Erfindergeist. «Das Ausprobieren und Tüfteln war schon immer mein Ding», meint Mario. Aber wie es kam überhaupt dazu?
Handwerk will gelernt sein
Naheliegend wäre, dass die Uhrmacherei in der Familie liegt. Das ist aber nicht der Fall. «Die Faszination für Uhren habe ich bereits von klein auf. Schon als kleiner Junge habe ich alle Wecker auseinandergenommen», erinnert sich Mario schmunzelnd. Deshalb war für ihn auch schon früh klar, dass er eine Lehre als Uhrmacher machen will. Gerade weil die Uhrmacherei nicht nur sein Beruf, sondern auch eine grosse Leidenschaft ist, beschäftigt er sich auch in seiner Freizeit mit dem Bau von eigenen Uhren. Die erste komplexe Uhr baute er bereits im 2014. «Darüber haben dann sogar schon einige Medien berichtet», erzählt Mario und erinnert sich, dadurch seine ersten privaten Anfragen erhalten zu haben. «So ist auch die Idee der Selbständigkeit entstanden und wurde dann ganz langsam zu einem richtigen Plan». Es kostete ihn viel Mut und brauchte auch seine Zeit, diesen Schritt zu wagen. «Rückblickend war es absolut die richtige Entscheidung.» Seit 2019 arbeitet Mario als selbstständiger Uhrmacher.
Eigene Erfindung bereits patentiert und ausgezeichnet
Alle vier Jahre hat der Februar 29 Tage und das Jahr bildet somit ein Schaltjahr. Was viele aber nicht wissen: Es gibt Ausnahmen. Und zwar sind Jahrhunderte oder -tausende nur Schaltjahre, wenn sie durch 400 teilbar sind. «Gängige Uhren in der Luxusuhrenindustrie sind mit einem normalen ewigen Kalender ausgestattet. Das heisst sie rechnen ausnahmslos alle vier Jahre mit einem Schaltjahr», erklärt Mario. «All diese Uhren müssen also im Jahr 2100 beim Uhrmacher neu eingestellt werden». Hier kommt seine Erfindung ins Spiel: Er ergänzt die bekannte Mechanik mit einem zusätzlichen Zahnrad, das sich in 400 Jahren einmal dreht. «Der innere Durch-messer entscheidet dann, ob ein Jahr effektiv ein Schaltjahr ist oder nicht.» Seine Idee hat er auch anhand einer imposanten Uhr realisiert. Damit hat er im 2021 an einem internationalen Wettbewerb der Uhrenindustrie teilgenommen und den Preis «Young Talent Competition» gewonnen.
Ein Blick in die Zukunft
Die mit dem Preis verbundene Medienpräsenz hat ihm nochmals einen richtigen Schub gegeben. Seine Auftragsbücher sind voll und Wartezeiten von einem halben Jahr sind mittlerweile gang und gäbe. «Für die traditionelle Konstruktion, Reparatur und Restauration von Uhren gibt es kaum noch qualifizierte Unternehmen. Die Uhren meiner Kunden haben oft einen sehr hohen emotionalen Wert, deshalb sind sie auch bereit diese Wartezeiten auf sich zu nehmen», meint der talentierte Jungunternehmer.
Auf meine Frage hin, welche Ziele er noch vor sich hat, betont Mario: «Mich fasziniert alles, was ich tue, aber am liebsten baue ich eigene, grosse und komplexe Uhren. Da kann ich ganz nach meinem Geschmack arbeiten.» Dafür träumt er auch schon von seiner eigenen Uhrenmarke.
Preisverleihung an der 10. Founders-Night
Die nächste Founders-Night findet am 26. Oktober 2022 in der Aula der ibW Höhere Fachschule in Chur statt. Mario Scarpatetti buhlt im Startup-Duell um den Founders Award 2022. Seine Konkurrenten sind die Meisser Vermessungen AG mit der luftbildgestützten Flussbildvermessung sowie Renato Casutt mit Bionic Reading. Das Preisgeld beträgt 3000 Franken. Aus-serdem zeichnen Integra, Oblamatik und CSEM das beste Bündner Tech-Startup des Jahres aus. Tickets gibt es unter jungunternehmenforum.ch.
Wer mitbestimmen will, wer den Founders-Award mit nach Hause nimmt, hat mit dem vorgängigen Publikumsvoting die Gelegenheit dazu. Diese Stimmen tragen zu einem Drittel zur Entscheidung bei. Mitmachen geht ab dem 14. Oktober 2022 per SMS oder WhatsApp-Nachricht mit dem Namen des Startups an +41 79 821 53 22. Teilnahmeschluss ist der Sonntag, 23. Oktober 2022, 23.59 Uhr. Pro Handynummer zählt nur eine Stimme!
Weitere Informationen und Videoporträts zu den Finalisten sind hier zu finden: www.jungunternehmenforum.ch/voting.html