AirMarker: Das fliegende Pannendreieck
Eine simple Idee könnte die Welt der Outdoor-Sicherheit auf den Kopf stellen. Rico Dürst und Daniel Wattenhofer haben mit dem «AirMarker» einen Signalballon entwickelt, der Such- und Rettungseinsätze in Zukunft drastisch verkürzen könnte. Mit ihrer Innovation haben es die beiden Tüftler unter die drei Finalisten des Founders-Award 2024 geschafft.
von Ladina Meuli
Im Industriequartier von Malans befindet sich der Standort von AirMarker. Dort treffe ich die zwei Outdoor-Sport-Enthusiasten Rico und Daniel. Sie haben jahrzehntelange Erfahrung in der Sportartikelbranche und im Unternehmertum. Die beiden erzählen mir von ihrer vielversprechenden Innovation und wie es dazu kam.
Von der Idee zur Weltneuheit
«Es ist eigentlich ein Pannendreieck für die Luft», so einfach erklärt Daniel die Grundidee hinter dem AirMarker. Sie stammt von Rico und entstand vor 16 Jahren während seiner Zeit als Flughelfer bei Helikoptereinsätzen. «Ich habe mir gedacht, es wäre so einfach, die verletzten Kühe oder Opfer zu finden, wenn man ihnen einen Ballon umbinden könnte», erzählt Rico. Die Idee ist bis vor drei Jahren in der Schublade verschwunden. Nach einem Gespräch mit einem Rettungspiloten über einen besonders zeitaufwendigen Sucheinsatz, beschloss Rico, seine Idee aus der Schublade zu holen und in die Tat umzusetzen.
Gemeinsam mit seinem langjährigen Freund Daniel, begann er das Konzept zu entwickeln. «Wir dachten zunächst, dass es so etwas sicher schon gibt», erinnert sich Daniel. Doch ihre Recherchen zeigten, dass dem nicht so war und sie begannen mit der Entwicklung. Während Rico an den technischen Aspekten tüftelte, war Daniel Teilzeit dabei und für die finanziellen Aspekte verantwortlich.
Die dreijährige Entwicklungsphase war ein Prozess ständiger Innovation. Ursprünglich hatten die Gründer für den Ballon die Form eines Zylinders und ein weiches Gehäuse geplant. «Wir hatten gefühlt 40 bis 50 verschiedene Prototypen», erinnert sich Rico. Von der Ballonform über das Material bis hin zum Auslösemechanismus – jedes Detail musste von Grund auf neu entwickelt werden. Diese intensive Eigenentwicklung ermöglichte es ihnen, mehrere Komponenten des Systems patentieren zu lassen. Heute ist das Produkt zu 95% europäisch, wird in der Schweiz designt und entwickelt und in Österreich zusammengesetzt.
Ein analoges Tool in einer digitalen Welt
Der AirMarker ist bewusst analog konzipiert. «Sobald man in den Wald geht, ist die Welt analog. Dann gibt es kein WLAN, Bluetooth oder Telefon, auf das man sich verlassen kann», sagt Rico. In einer Notsituation kann das Gerät von Hand ausgelöst werden. Durch den Auslösemechanismus wird der im Kunststoff Gehäuse verpackte SOS-Ballon mit Helium gefüllt und steigt 45 Meter in die Höhe. Damit signalisiert er unmissverständlich, dass Hilfe benötigt wird. Der Ballon leuchtet nachts durch eingebaute LEDs und ist so konzipiert, dass er Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 km/h standhält. Der AirMarker kommt nach dem Gebrauch sowie alle paar Jahre in den Service und ist danach wieder einsatzbereit.
Grosses Potenzial für Rettungseinsätze
Die Erfinder sehen enormes Potenzial für ihren AirMarker im Bereich von Rettungseinsätzen. Jährlich werden unzählige Flugstunden für Suchaktionen aufgewendet, was nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch bedenklich ist. Der AirMarker könnte diese Einsätze drastisch verkürzen und damit nicht nur Ressourcen sparen, sondern auch die Überlebenschancen von Verunglückten erhöhen.
Der AirMarker hat von der REGA schon reichlich Zuspruch erhalten und Rico erzählt von einem Test in Sölden mit der ÖAMTC-Flugrettung: «In einem grossen Suchgebiet, für das ein erfahrener Pilot eine Suchzeit von 45 Minuten veranschlagt hatte, konnte die Zielperson dank des AirMarkers in lediglich vier Minuten lokalisiert werden.»
Blick in die Zukunft
Die Ambitionen von AirMarker reichen weit über den Bergsport hinaus. Das Unternehmen ist bereits in mehreren Ländern präsent und führt eine Version für den nautischen Bereich ein. Dieses neue Produkt, das Salzwasserresistent und für jegliche Art von Transportmitteln auf dem Wasser geeignet ist, wird im November auf der grössten internationalen Bootsmesse in Amsterdam vorgestellt. Ein weiterer Erfolg ist die Promotion des Seglers Oliver Heer. Er ist der erste Deutschschweizer, der an der Weltumsegelung Vendée Globe im November teilnimmt, und wird den AirMarker an Bord haben.
Trotz aller Erfolge bleiben die Gründer bescheiden. «Wir sind ein Team von drei, bald vier Leuten», sagt Rico, «da muss jeder alles machen. Aber es ist extrem bereichernd und man weiss am Abend, was man geleistet hat.»
Auf die Frage, welche Botschaft sie anderen Visionären mit einer Start-up-Idee mitgeben würden, antworten sie einhellig: «Probiere es! Sei mutig! Jede Idee ist prüfenswert.»
Mit AirMarker zeigen Rico und Daniel, dass innovative Ideen Leben retten können. Ihre Erfindung könnte nicht nur die Rettungseinsätze effizienter gestalten, sondern auch Leidenszeiten von Opfern verkürzen und die Welt sicherer machen.
Das 12. Jungunternehmenforum Graubünden
Am Mittwoch, 23. Oktober 2024 findet an der ibW Höhere Fachschule Südostschweiz an der in Chur das achte Jungunternehmerforum statt. Neben AirMarker sind zwei weitere Startups für den Jungunternehmerpreis 2024 nominiert: Cotti Horse mit seinem innovativem Pferdesattel sowie L-EUROPE AG mit hochporösen Membranen. Weitere Informationen und Tickets für den Anlass gibt es unter www.jungunternehmenforum.ch.